Mustergutachten MPU Alkohol

Ich stelle Ihnen im Folgenden einmal einen Originalfall vor, der zu einem negativen Ergebnis geführt hat. Ich habe diesen Fall ausgesucht, weil zwei Fahrten unter Einwirkung einer niedrigen Blutalkoholkonzentration gemacht wurden, was zeigt, dass nicht nur Begutachtungen mit hohen Blutalkoholkonzentrationen schwierig sein können, wenn schon grundlegende Dinge unnötig falsch gemacht werden.

[toggle title=“Anlass der Begutachtung“ open=“1″]

Das Gutachten soll Aufschluss darüber geben, ob zu erwarten ist, dass Sie auch zukünftig ein Kraftfahrzeug unter dem Einfluss von Alkohol fahren werden und ob als Folge eines unkontrollierten Alkoholkonsums Beeinträchtigungen vorliegen, die das sichere Führen eines Kraftfahrzeuges in Frage stellen.

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[toggle title=“Aktenübersicht“ open=“0″]

Für den Untersuchungsanlass relevante Information:

2016: Auf der Autobahn mit dem PKW Trunkenheit im Verkehr mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,34 mg/l (= 0,64 Promille). Die Polizeibeamten konnten sehen, wie die Person während der Fahrt Bier zu sich nahm.

2017: Auf der Autobahn mit dem LKW Trunkenheit im Verkehr mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,26 mg/l (= 0,52 Promille)

Der Gutachter erläutern zunächst im Gutachten, warum Eignungszweifel bestehen und was von Betroffenen zu fordern ist aufgrund der Beurteilungskriterien. Das können Sie hier lesen.

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[toggle title=“Medizinische Untersuchung“ open=“0″]

Dem Arzt teilte der Betroffene Folgendes mit:

  • Früherer Alkoholkonsum:

„2 – 3 Flaschen Bier à 0,33 l oder à 0,5 l.

Zuletzt 7 Monate nach der zweiten Trunkenheitsfahrt 2 Flaschen Bier à 0,5 l.

Ansonsten trinke ich nicht regelmäßig, sondern nur, wenn Besuch komme.“

  • Anlassbezogene Angaben:

„Bei beiden Fahrten habe ich jeweils 2 Flaschen Bier getrunken.“

Die ärztliche Untersuchung und die Laborbefunde waren unauffällig.[/toggle]

[toggle title=“Leistungstests (Reaktionstests)“ open=“0″]

Die Leistungstests waren soweit unauffällig.

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[toggle title=“Gespräch mit dem Psychologen“ open=“0″]

Der Betroffene ist männlich, 60 Jahre und Handwerksmeister.

  • Was können Sie zu dem Tag sagen, als sie erstmalig alkoholisiert ein Auto gefahren haben?

„Ich habe Schuldgefühle wegen des Trinkens gehabt.“

  • Wie meinen Sie das?

„Wegen der Trunkenheitsfahrt.“

  • Gab es nach der letzten Fahrt Veränderungen im Umgang mit Alkohol?

„Nein, es war ein einmaliger Ausrutscher, Dummheit, ich trinke kaum Alkohol.“

  • Wie kann man sich Ihren Alkoholkonsum vorstellen? Wie oft und wie viel trinken Sie?

„Etwa alle 6 Wochen. Maximal 1 – 2 Gläser Wein zu je 0,2 l und 2 Gläser Bier zu 0,3 l.“

  • Hat es in Ihrem Leben Phasen gegeben, in denen Sie öfter oder auch mehr getrunken haben?

„Vor 30 Jahren, aber auch nicht viel.“

  • Was waren denn da ihre maximalen Trinkmengen?

„Das Doppelte etwa, aber ich durfte nicht so viel trinken, da ich damals Sänger war, wegen der Stimme. Ich habe da auch nicht viel häufiger getrunken.“

  • Was war denn bei Ihrer Trunkenheitsfahrt auf der Autobahn 2016?

„Es gab ein Richtfest.“

  • Wie sind Sie denn aufgefallen?

„Autobahn.“ – Pause –

  • Wie sind Sie denn aufgefallen?

„Ich weiß es nicht.“

  • Aus Ihrer Akte ergibt sich, dass die Polizisten Sie beobachtet haben, wie Sie während der Fahrt Bier getrunken haben.

„Ich habe Meniskusprobleme. Vielleicht haben die wegen meiner Probleme beim Gehen gedacht, dass ich getrunken habe.“

  • Was haben Sie denn getrunken?

„Eine Flasche Bier.“

  • Um wie viel Uhr?

„Nachmittags.“

  • Wie viele Stunden vor der Fahrt?

„Etwa 2 Stunden.“

  • Da müssen Sie mehr getrunken haben?

„Nein.“

  • Was haben Sie denn aus dem Vorfall 2016 gelernt und welche Konsequenzen haben Sie daraus gezogen?

„Beim Fahren sollte man nicht trinken.“

  • Haben Sie das nicht vorher gewusst?

„Doch.“

  • Dann ist das ja kein Lernerfolg?

– Pause –

  • Warum ist denn die 2. Trunkenheitsfahrt passiert, da Sie ja offensichtlich aus dem ersten Vorfall nichts gelernt haben?

„Es war Dummheit, wie gesagt.“

  • Sie sind um 18:15 Uhr gefahren, wann und wie viel Alkohol haben Sie getrunken?

„Etwa zwischen 14.30 h und 16:30 h 1 Flasche Bier zu 0,5 l.“

  • Da müssen Sie aber mehr als 1 Flasche. Bier getrunken haben.

„Ich esse sehr wenig.“

  • Was haben Sie sich vorgenommen nach dem Vorfall zur Vermeidung einer Trunkenheitsfahrt?

„Nicht trinken.“

Der Gutachter teilt dem Kandidaten mit, dass die angegebenen Trinkmengen nicht zur Höhe der Promille passen.

  • Wie viele Stunden vor der ersten Fahrt haben Sie Alkohol getrunken?

„Etwa 2,5 Stunden.“

Der Gutachter erläutert dem Kandidaten Folgendes: Man kann die Promille ausrechnen über die konsumierten Trinkeinheiten. In Ihrem Fall muss man von 9 Trinkeinheiten ausgehen (entsprechend 2,25 Liter Bier), die Sie in 2,5 Stunden bis zur Fahrt getrunken haben müssen.

  • Warum haben Sie an diesem Tag mehr als sonst getrunken?

„Wie gesagt, es war Richtfest.“

Insgesamt bleibt der Betroffene trotz Hinweis bei seinen Angaben.

  • Was gedenken Sie zukünftig zu tun, wenn Sie mit dem Auto unterwegs in eine Trinksituation kommen?

„Nicht trinken.“

  • Welche unerwarteten Ereignisse können Sie sich vorstellen, die es erschweren könnten, Trinken und Fahren zu trennen.“

„Keine.“

  • Warum nicht?

„Ich habe mich entschlossen, dass ich nicht trinken soll, wenn ich fahren muss.“

  • Welche kritischen Situationen für vermehrten Alkoholkonsum können Sie benennen, wo man mehr trinken könnte, als man sich vorgenommen hat? Also mehr als 2 Flaschen Bier oder Wein.

„Nein.“

  • Wollen Sie noch etwas ergänzen?

„Es war eine Dummheit. Alkohol wirkt bei mir schneller.“

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[toggle title=“Bewertung des Gutachters“ open=“0″]

Der Betroffene hat sich im Sinne der Fragestellung untersuchen lassen.

Es war zunächst zu prüfen, ob die erhobenen Befunde verwertbar sind, insbesondere bezüglich des gewonnen Gesamtbildes.

Im Gespräch ergaben sich Bedenken hinsichtlich der grundsätzlichen Verwertbarkeit der erhobenen Befunde.

Die Angaben zum früheren Trinkverhalten, insbesondere die Häufigkeit des Konsums größerer Mengen als angegeben, müssen als völlig unrealistisch bewertet werden.

Aufgrund des Widerspruchs lässt sich eine abschließende diagnostische Zuordnung bzw. Entscheidung darüber nicht vornehmen, welche konkreten Anforderungen als Voraussetzung einer positiven Prognose  im vorliegenden Fall zu stellen sind und ob diese als erfüllt bewertet werden können.

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[toggle title=“Beantwortung der Fragestellung“ open=“0″]

Aufgrund der Nichtverwertbarkeit der gemachten Angaben war es nicht möglich, die Eignungszweifel der Behörde auszuräumen.

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[toggle title=“Empfehlungen“ open=“0″]

Dem Betroffenen wird geraten, sich unter Vorlage des Gutachtens an eine entsprechend Einrichtung zu wenden, wo er bei entsprechend qualifizierten Personen an einer verkehrspsychologisch fundierten Maßnahme teilnehmen sollte, so dass er hierdurch zu einer tiergehenden Aufarbeitung der bestehenden Alkoholproblematik gelangt.

Sollten bei dieser Maßnahme aufgrund fachlicher Kriterien die Notwendigkeit eines strikten und dauerhaften Alkoholverzichts ersichtlich werden, wird eine Voraussetzung einer günstigen Beurteilung zu einem späteren Untersuchungszeitpunkt sein, dass Belege über den Alkoholverzicht in der Regel von einem Jahr vorgelegt werden können.

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[service_box icon=“icon-tablet(Check Font Awesome for Icon Classes)“ title=“TIPP“]Wer die Begutachtung aufmerksam gelesen hat, wird erkennen, dass eine starre Online MPU Vorbereitung lediglich durch Beantwortung von Wissensfragen wenig Sinn macht. Was durchaus Sinn macht, ist die Beschäftigung mit Originalgutachten. Sie können so erkennen, wie die Anforderungen sind und können versuchen, die den Betroffenen gestellten Fragen selbst zu beantworten. Das kann Ihnen helfen bei der eigenen Aufarbeitung Ihrer persönlichen Geschichte und der ihr zugrunde liegenden Problematik.  [/service_box]