Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Trunkenheitsfahrt im Ausland

Das Oberverwaltungsgericht Münster beschäftigte sich 2014 mit der Frage, wann Bedenken an der Eignung zum Führen eines Kraftfahreugs bei einer Trunkenheitsfahrt im Ausland begründet sind.

Der Fall – Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Trunkenheitsfahrt im Ausland

  • Der Betroffene hatte in Polen ein Fahrzeug unter Alkoholeinfluss geführt mit 0,8 mg/l Atemalkoholkonzentration.
  • Aufforderung zur Vorlage einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU)
  • Der Betroffene kam dem nicht nach.
  • Sofort vollziehbare Entziehung der Fahrerlaubnis.

Klage vor dem VG Münster

  • Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt.
  • Die Fahrerlaubnisbehörde hätte zu Recht nach § 11 Abs. 8 S. 1 der Fahrerlaubnisbehörde (FeV) auf die Ungeeignetheit wegen einer Trunkenheitsfahrt im Ausland geschlossen.
  • Die Berechtigung zur Anordnung des Gutachtens ergebe sich aus § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. c FeV, weil der Betroffene ein Fahrzeug im Straßenverkehr bei einer Atemalkoholkonzenbtration von 0,8 mg/l oder mehr geführt hatte (festgestellt durch ein Urteil eines polnischenAmtsgerichts).
  • Der Betroffene hatte nachträglich die gewonnenen Ergebnisse der Atemalkoholkonzentration angezweifelt, was als unbeachtlich angesehen wurde. Dies hätte im Strafverfahren geltend gemacht werden müssen.
Trunkenheitsfahrt
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Beschwerde vor dem OVG Münster

  • Der Betroffene vertrat die Auffassung, das Verwaltungsgericht hätte die Entscheidung nicht berücksichtigen dürfen, weil er nur durch Rechtsmittelverzicht habe ausreisen dürfen. Außerdem weichen die Messverfahren zur Bestimmung der Atemalkoholkonzentration von den in Deutschland anerkannten und zwingend einzuhaltenden Regeln ab. Zudem könnten ausländische Gerichtsentscheidung aufgrund der unterschiedlichen Bestimmungen und rechtsgrundsätze innerhalb Europas nicht unbesehen zur Grundlage für Entscheidungen deutscher Behörden und Gerichte gemacht werden (unter Bezugnahme auf Entscheidungen des VGH München und OVG Greifswald).
  • Das Oberverwaltungsgericht hielt die Beschwerde für unbegründet, weil die Erfolgsaussichten der Klage nicht einzuschätzen waren und dass eine Interessenabwägung zu Lasten des Betroffenen gehen muss. Das öffentliche Interesse mit dem Schutz höchstrangiger Rechtsgüter wie Leib, Leben und Eigentum geht schon bei hinreichendem Anlass für die Annahme von Eignungsmängeln und damit verbundener Gefahr im Straßenverkehr vor.
  • Das Oberverwaltungsgericht Münster stellte einerseits fest, dass auch der im Ausland begangene und festgesellte Verstoß wegen einer Trunkenheitsfahrt Bedenken an einer Nichteignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs führen können. Diese Taten müssen aber wie bei einer Inlandstat nachgewiesen worden sein.

TIPP

Die Weichen werden im Straf- bzw. Bußgeldverfahren gestellt. Sie sollten nichts unversucht lassen, einerseits die behaupteten Verstöße zu widerlegen und andererseits den Richter zu veranlassen, sich bei Vorliegen der Voraussetzungen zu nicht mehr gegebenen Eignungszweifeln sich im Urteil zu äußern. Nach § 3 Abs. 4 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) ist die Verwaltungsbehörde an die Beurteilung der charakterlichen Eignung eines Straftäters durch das Strafgericht gebunden. Eine Bindung tritt allerdings nur dann ein, wenn das Strafgericht sämtliche in Betracht kommenden Tatsachen gekannt und in seinem Urteil gewürdigt hat, die für die Fahreignungsbeurteilung maßgeblich sind. Hat das Gericht Vorbelastungen oder andere erhebliche Tatsachen und Sachverhalte übersehen oder nicht erwähnt, dann lebt die eigenverantwortliche Prüfungskompetenz der Fahrerlaubnisbehörde wieder auf.

Deshalb macht eine die verkehrspsychologische bzw. verkehrsmedizinische Vorbereitung schon im Ermittlungsverfahren aus zwei Gründen  Sinn:

– Einführung von Abstinenznachweisen und verkehrsmedizinischer Vorbereitung in das Strafverfahren mit dem Ziel, die Entziehung der Fahrerlaubnis abzuwenden, weil Eignungszweifel nicht mehr festgestellt werden können.

– Vorbereitung einer möglicherweise anstehenden MPU, so dass zeitnah nach Ablauf einer eventuell verhängten Sperre die Neuerteilung der Fahrerlaubnis beantragt werden kann.

– Abstinenznachweise sind bei Alkoholfahrten immer dann erforderlich, wenn zu erwarten ist, dass der Betroffene Alkoholkonsum und Teilnahme am Straßenverkehr nicht trennen kann und somit nur ein Verzicht auf Alkoholkonsum in Frage kommt (anstatt kontrollierter Alkoholkonsum).

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