Alkohol MPU – Wann liegt ein missbräuchlicher Alkoholkonsum vor?

Bei einer Alkohol MPU ist die Frage, wann eigentlich ein missbräuchlicher Alkoholkonsum vorliegt, von Bedeutung und kann aus straßenverkehrsrechtlicher Sicht wie folgt beantwortet werden.

Wiederholtes Führen eines Kraftfahrzeugs ohne Berücksichtigung der Höhe der Blutalkoholkonzentration

Dies wird den ein oder anderen erstaunen: Aber bereits zwei Fahrten mit mehr als 0,5 Promille reichen aus, um aus Sicht der Straßenverkehrsbehörde von einem missbräuchlichen Alkoholkonsum ausgehen zu können. Die dadurch entstehenden Zweifel an der Eignung eines Fahrzeugführers sind dann in der Regel durch eine MPU auszuräumen.

Einmalige Fahrt unter hoher Blutalkoholkonzentration

Bereits bei einer Fahrt unter einer hohen Blutalkoholkonzentration wird von einem missbräuchlichen Alkoholkonsum ausgegangen. Wie wird nun diese hohe Blutalkoholkonzentration ermittelt?

MPU Alkohol – Hohe Blutalkoholkonzentration

Um eine „hohe Alkoholkonzentration“ definieren zu können werden in den Begutachtungs-Leitlinien zwei Maßstäbe herangezogen: zum einen die Grenzwerte, die durch Gesetz und Rechtsprechung vorgegeben sind. Andererseits sind die in unserer Gesellschaft üblichen Trinkgewohnheiten zu beachten.

0,3 Promille Blutalkoholkonzentration (BAK)

Bereits BAK ab 0,3 Promille können die Reaktionsfähigkeit herabsetzen und die Stimmungslage verändern mit der Folge eines erhöhten Verkehrsrisikos.

0,5 Promille BAK – relative Fahruntüchtigkeit

Es ist untersagt, mit einer BAK von mehr als 0,5 Promille aktiv am Straßenverkehr teilzunehmen, § 24 a StVG. Dies ist Ausgangspunkt der weiteren Überlegungen zu einer hohen Blutalkoholkonzentration.

Bei Werten um 0,8 Promille ist das Risiko um den Faktor vier höher als bei nüchternen Verkehrsteilnehmern.

1,1 Promille BAK – absolute Fahruntüchtigkeit

Ausgehend vom 0,5-Promille-Maßstab könnte bei einer Verdopplung dieses Wertes mit 1,0 Promille von einer relevant hohen BAK gesprochen werden. Unter Beachtung eines Sicherheitszuschlages von 10 % gelangt man so zur absoluten Fahruntüchtigkeit von 1,1 Promille, bei der die Strafgerichte die Fahrerlaubnis regelmäßig entziehen und eine Sperrfrist für die Wiedererteilung verhängen.

Gesellschaftlich akzeptierter Alkoholkonsum

Die Grenze von 1,0 bzw. 1,1 Promille wird auch durch die in unserer Gesellschaft üblichen Trinkgewohnheiten gestützt. Auch für nicht fahrbereite Personen gilt in unserer Gesellschaft ein Alkoholkonsum mit 0,8 bis 1,1 Promille noch als allgemein akzeptiert.

Herleitung einer hohen Blutalkoholkonzentration anhand eines Beispiels

Bei einem angenommenen Körpergewicht eines Mannes von 80 kg müssen 30 bis 40 g Alkohol (entsprechend ca. einem Liter Bier oder ca. einem halben Liter Wein) im Körper vorhanden sein, um eine BAK von 0,5 Promille aufbauen zu können.

Alkohol MPU und 1,3 Promille als untere Grenze einer hohen Blutalkoholkonzentration

Zum Erreichen bzw. Überschreiten von 1,1 Promille wären es ungefähr 70 bis 100 Gramm Alkohol (entsprechend zwei bis zweieinhalb Liter Bier bzw. bis zu einem Liter Wein). Bezieht man entsprechende Trinkzeiten mit ein, so dürften die real getrunkenen Mengen höher sein.

Daraus wird gefolgert, dass von hohen BAK-Werten im Sinne der Begutachtungs-Leitlinien ab 1,3 Promille auszugehen ist [1].

Je weiter die festgestellte BAK die 1,3 Promillegrenze überschreitet, desto eher liegt der Verdacht einer Alkoholproblematik und damit eines Alkoholmissbrauches nahe.

Personen ab 1,5 Promille können als Problemtrinker bezeichnet werden [2]. Dies ist für die Alkohol MPU zu bedenken.

Alkohol MPU
Still-life with three wine bottles and glass, (c) Roman Sigaev, Fotolia

Fehlen von Ausfallerscheinungen ab 1,5 Promille

Fehlen Personen mit mehr als 1,5 Promille gröbere Anzeichen von Trunkenheit, so können diese als Alkoholiker bezeichnet werden, da die diagnostische Bedeutung des Fehlens von Ausfallerscheinungen ab Werten von 1,5 Promille für ebenso schwer wiegend angesehen wird wie auf das Auftreten von Entzugserscheinungen bei unterbliebener Alkoholaufnahme [3].

Zudem kann davon ausgegangen werden, dass die durchschnittlich alkoholgewohnte Bevölkerung Werte von 1,6 Promille und mehr nicht erreicht [4].

Überschreiten der 1,6 Promille-Grenze – MPU erforderlich

Daher wird das einmalige Überschreiten der 1,6 Promille-Grenze als Hinweis für einen gesundheitsschädigenden bzw. missbräuchlichen Alkoholkonsum angesehen. Derzeit ist eine Alkohol MPU ab 1,6 Promille erforderlich.

Was empfiehlt denn die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zum Thema Alkoholkonsum?

Alkohol ist grundsätzlich ein Zellgift. Die Weltgesundheitsorganisation geht davon aus, dass der tägliche Konsum von 20 bzw. 30 Gramm für eine Frau bzw. einen Mann (wahrscheinlich) nicht gesundheitsschädlich ist (Harmlosigkeitsgrenze).

Trinkeinheit

Legt man sogenannte Standardgläser zugrunde, dann gilt als eine Trinkeinheit die Aufnahme von 
(8 -) 10 g (- 12) Alkohol.

Der Alkoholgehalt kann mit Hilfe von Standardgläsern geschätzt werden. Wenn Sie sich die Standardgläser für die verschiedenen alkoholischen Getränke merken, können Sie ausreichend zuverlässig abschätzen, wie viel Alkohol Sie getrunken haben.

Standardgläser (10 – 12 g Alkohol)

  • 1 Glas Bier 5 Vol. % 0,25 l
  • 1 Glas Bier-Mix ca. 3 Vol. % 0,33 l
  • 1 Glas Sekt oder Wein 11 Vol. % 0,1 l
  • 1 Longdrink mit 0,04 l (= 4 cl) Wodka 38 Vol. % 0,2 l
  • 1 Shot Wodka 38 Vol. % 0,04 l

Demnach dürfte ein Mann täglich drei  und eine Frau täglich zwei Trinkeinheiten konsumieren.

Teilweise wird die Auffassung vertreten dass dies nur an fünf Tagen die Woche getrunken werden sollte um nicht als missbräuchlich zu gelten. Die in der Woche an einzelnen Wochentagen nicht konsumierten Mengen dürfen nicht am Wochenende kumulativ konsumiert werden.

Ein darüber hinausgehender Alkoholkonsum wird als riskanter bzw. schädlicher Konsum bezeichnet. Der Übergang zum missbräuchlichen Konsum ist fließend.

1 Standardglas und die 0,2 Promille-Regel

Ein Standardglas führt etwa zu einer Blutalkoholkonzentration von 0,2 Promille. Pro Stunde werden 0,1 Promille (bis 0,15 Promille) abgebaut.

Beispiel: Drei Bier und zwei Schnäpse (5 Standardgläser) sorgen geschätzt für 1,0 Promille Blutalkoholkonzentration. Nach vier Stunden sind es immerhin noch 0,6 Promille.

Schädlicher Gebrauch nach ICD-10

Ein Alkoholkonsum, der zu einer psychischen oder physischen Gesundheitsschädigung führt, wird nach der „International Classification of Diseases“ (ICD-10) als „schädlicher Gebrauch“ bezeichnet. Die Merkmale des schädlichen Gebrauchs sind beispielsweise:[5]

  • Trinkmenge Reinalkohol ist bei Frauen größer als 40 Gramm/Tag (1 l Bier);
  • Trinkmenge Reinalkohol ist bei Männern größer als 60 Gramm/Tag (1,5 l Bier);
  • Häufig erhöhte Laborwerte;
  • Alkoholbedingte körperliche Merkmale sind feststellbar;
  • Soziale Probleme sind beobachtbar;
  • Alkoholentzugssyndrom ist nicht vorhanden.

Quellennachweis:

[1] Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung, Kommentar, Schubert et al, 2. Aufl., 2005, S. 132

[2] Begutachtungsleitlinien a.a.O unter Verweis auf US-Department of Transport

[3] Begutachtungsleitlinien a.a.O unter Verweis auf Criteria Commitee des National Council on Alcoholism

[4] Begutachtungsleitlinien a.a.O unter Verweis auf Stephan 1986, Krüger 1995

[5] Alkohol, Materialien für die Suchtprävention in den Klassen 5 – 10, Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung 2004, S. 24

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Bildnachweis Beitragsbild: Still-life with three wine bottles and glass, (c) Roman Sigaev,  Fotolia