Fahreignungsdiagnostik
In der Fahreignungsdiagnostik, und nichts anderes ist die medizinisch-psychologische Untersuchung, werden aus ärztlicher und aus psychologischer Sicht Informationen erhoben, einerseits anhand der Aktenlage und andererseits aufgrund von während der Gespräche erhobenen Befunden. So sollen die Individualinteressen jedes einzelnen Betroffenen, der zur
MPU muss, um seine Fahrerlaubnis zu erhalten, gewahrt werden unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Sicherheitsinteressen der Verkehrsgemeinschaft.
In der Fahreignungsdiagnostik, und nichts anderes ist die medizinisch-psychologische Untersuchung, werden aus ärztlicher und aus psychologischer Sicht Informationen erhoben, einerseits anhand der Aktenlage und andererseits aufgrund von während der Gespräche erhobenen Befunden. So sollen die Individualinteressen jedes einzelnen Betroffenen, der zur
MPU muss, um seine Fahrerlaubnis zu erhalten, gewahrt werden unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Sicherheitsinteressen der Verkehrsgemeinschaft.
In welcher diagnostischen Gruppe Du Dich befindest kann hier nicht pauschal festgestellt werden. Die Gutachter können vom Vorliegen einer Abhängigkeit nur ausgehen, wenn entweder bereits extern eine solche Alkohol- bzw. Drogenabhängigkeit diagnostiziert
wurde oder es aufgrund der Befundlage zum Zeitpunkt der Begutachtung zu diagnostizieren wäre bzw. frühere nicht sicher belegte Diagnosen sich nunmehr bestätigen. Letzteres kommt in der Regel nur selten vor.
Bei den meisten Betroffenen werden die Gutachter vom Vorliegen einer Gefährdung oder einer fortgeschrittenen Problematik ausgehen. Beim Alkohol ist die Abgrenzung auch deshalb wichtig, weil davon abhängt, ob eine betroffene Person abstinent bleiben muss oder ob sie kontrolliert trinken darf. Wie schon gesagt, die Abgrenzung kann schwierig sein. Ich gebe hier einige Anhaltspunkte auf Grundlage der Beurteilungskriterien.
Wann ist Alkoholtrinkverhalten unproblematisch?
Du solltest als Mann nicht mehr als 24 und als Frau nicht mehr als 12 Gramm Alkohol pro Tag trinken und in der Woche zwei alkoholfreie Tage einhalten. Dann bezeichnet man das Alkoholtrinkverhalten als risikoarm. Zudem solltest Du unter Alkoholeinwirkung nicht am Straßenverkehr teilgenommen haben. Die Wahrscheinlichkeit, dass Dein Alkoholtrinkverhalten unproblematisch war, ist wegen Deiner alkoholbedingten Auffälligkeit im Straßenverkehr gering.
Wann ist Alkoholtrinkverhalten durchschnittlich?
Diese Kategorie ist nicht sehr hilfreich, um seinen Alkoholkonsum zu beurteilen. Auch Betroffene, die es gewohnt sind, mehr Alkohol zu trinken, passen sich in der Regel dem „durchschnittlichen“ Trinkverhalten der jeweiligen Gelegenheit bzw. Gesellschaft an. D. h., dass sie normalerweise viel trinken, wenn viel getrunken wird und durchaus weniger trinken, wenn wenig getrunken wird. So fällt man halt nicht auf.
Wann ist Alkoholtrinkverhalten problematisch oder missbräuchlich?
Ganz vereinfacht gesagt beginnt das problematische Trinkverhalten, wenn Du den Grenzwert zum risikoarmen Konsum überschreitest. Je mehr Du davon nach oben abweichst, desto problematischer ist es. Der Begriff des Alkoholmissbrauchs findet sich nicht in der medizinischen Klassifikation. Dort spricht man von schädlichem Alkoholkonsum. Je mehr und je häufiger Du trinkst, desto schädlicher ist das. Ganz einfach. Der Begriff des Missbrauchs kommt beispielsweise in Anlage 4 Nr. 8.1 der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) vor. Alkoholmissbrauch ist vorwiegend eine rechtliche Klassifikation. Demnach ist Missbrauch, dass „das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum“ nicht hinreichend sicher getrennt werden kann. Bei dieser Definition geht es nicht nur um Kraftfahrzeuge, sondern um Fahrzeuge allgemein, so auch Fahrräder.
Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn
- Du wiederholt ein Fahrzeug unter Alkoholwirkung (schon ab 0,3 Promille mit Auffälligkeiten und ab 0,5 Promille ohne Auffälligkeiten) geführt hast
- Du einmalig ein Fahrzeug unter hoher Alkoholkonzentration geführt hast (also ab 1,1 Promille)
- aktenkundig ist, dass Du früher bereits die Kontrolle über Deinen Alkoholkonsum verloren hast
Wann liegt Alkoholabhängigkeit vor?
Wir gehen hier nicht näher auf die medizinischen Besonderheiten der Alkoholabhängigkeit ein. Wann eine Alkoholabhängigkeit vorliegt, kann zwar grundsätzlich erläutert werden. Die Diagnose an sich kann aber nicht einem Buch entnommen werden, sondern ist Aufgabe der behandelnden Ärzte und Ärztinnen mit Suchterfahrung. Unabhängig davon, wie Du Dein Trinkverhalten bezeichnest (abhängig, missbräuchlich, schädlich), werden die Gutachter diesen von Dir benutzten Begriff nicht einfach übernehmen.
Wichtigste Voraussetzung ist, dass Du Deine ambulante bzw. stationäre Langzeittherapie abgeschlossen haben musst (Du darfst Dich selbstverständlich weiterhin in ärztlich/psychologischer Behandlung befinden). Danach musst Du allerdings ein Jahr Abstinenz nachgewiesen haben im Rahmen eines Abstinenzkontrollprogramms.
Abgrenzung Alkoholgefährdung – fortgeschrittene Alkoholproblematik
In den Beurteilungskriterien wird die fortgeschrittene Alkoholproblematik nicht wie bei den Drogen als solche bezeichnet, sondern als „nicht dauerhaft in der Lage, mit Alkohol kontrolliert umzugehen“.
Das Kriterium dient vor allem der Entscheidung, wer aus verkehrspsychologischer Sicht abstinent bleiben muss und wer kontrolliert trinken darf, weil er wahrscheinlich Konsum und Führen eines Fahrzeuges trennen kann. Die Frage der Abstinenznotwendigkeit ist oft nicht leicht zu beantworten und wird auch von Experten kontrovers diskutiert. Im Ergebnis kann man sagen, dass es darauf ankommt, wer aus Sicht der Gutachter in der Lage ist, sein Verhalten nach Alkoholkonsum hinreichend zu steuern. Dieser wird in der Regel auch verlässlich zwischen Konsum und Fahren trennen können.
Für die Notwendigkeit eines konsequenten (das heißt ausnahmslose Abstinenz, kein bisschen zu besonderen Anlässen) Alkoholverzichts spricht, wenn ein Alkoholkonsum vorlag, der zu wiederholten und deutlich nachteiligen negativen Konsequenzen geführt hat. Darüber hinaus ist erforderlich, dass aus der Trink-Lerngeschichte abgeleitet werden kann, dass Du nicht hinreichend zuverlässig in der Lage bist, kontrolliert mit Alkohol umzugehen. An dieser Stelle wird es sehr diagnostisch, da unterschiedliche Kriterien zu berücksichtigen sind, die den Rahmen dieses Buches sprengen. Es sind soziale Merkmale, Deliktsmerkmale, Vermeidungsstrategien, Selbstkontroll- und Therapieerfahrungen sowie Bedingungen, Motive und Umstände des Trinkens und Alkoholtrinkmengen und Alkoholtrinkhäufigkeiten zu bewerten. Das ist eine ganze Menge.
Als Daumenregel kann ich Dir auf den Weg geben: Je höher Deine Blutalkoholkonzentration war, je länger Du Alkohol getrunken hast und wenn Dein Alkoholkonsum zu wiederholten und deutlich nachteiligen Konsequenzen geführt hat, desto eher solltest Du Dich nicht nur im Interesse Deines Führerscheines, sondern vielmehr im eigenen gesundheitlichen Interesse entscheiden, den Rest Deines Lebens abstinent zu verbringen. Diese Erkenntnis kannst Du dann auch dem Dich bei der MPU untersuchenden Psychologen bzw. der Psychologin mitteilen.
Aus verkehrspsychologischer Sicht spricht für eine Abstinenzpflicht orientierend gesagt der folgende Dreierschritt:
Für Gutachter ist in der Regel das bei der Begutachtung von dem Betroffenen gewonnene Gesamtbild für die Beurteilung der Abstinenzpflicht und damit nicht zuletzt auch der Prognose maßgeblich. Es gibt immer wieder Betroffene, die abstinent bleiben wollen, sich ab er gleichzeitig vorbehalten möchten, zu besonderen Anlässen etwas zu trinken.
Davon solltest Du Dich verabschieden!
Wenn Abstinenzpflicht gegeben ist, ist dies aus verkehrspsychologischer Sicht eine lebenslange Abstinenz. Du darfst Dir kein Hintertürchen offen halten.
Deine Angaben und die erhobenen Befunde müssen verwertbar sein
Deine Angaben und der bei Dir erhobenen Befunde müssen verwertbar sein, ansonsten können die Gutachter keine Aussagen darüber machen, ob sich Deine Situation zum Begutachtungszeitpunkt günstig von der Ausgangslage, als Dir die Fahrerlaubnis entzogen wurde, unterscheidet und ob dies eine positive Prognose zulässt.(*FN* aaO S. 68*FN*) Dabei kommt es maßgeblich auf Deine Lerngeschichte im Umgang mit alkoholischen Getränken an, die ggf. auch zu einer hohen Alkoholgewöhnung und damit auch zu Gewohnheiten bzw. Automatismen im Zusammenhang mit Deinem Alkoholkonsum geführt hat.
Die Fachgesellschaften für Verkehrspsychologie und Verkehrsmedizin haben Beurteilungskriterien erarbeitet, nach denen sich Gutachter bei ihrer Begutachtung richten. Ein Aspekt der Begutachtung ist, dass die im Gespräch mit Dir erhobenen Befunde verwertbar sein müssen. Dies legt die so genannte Null-Hypothese fest (den Namen brauchst Du Dir nicht zu merken). Diese legt die grundlegenden Anforderungen an Dich fest, die Du dem nächsten Kapitel entnehmen kannst.
Bild Quelle: DALL·E von OpenAI generiert